Scharfenberger

Chronik eines Familienunternehmens

START IN SCHWIERIGEN ZEITEN

Nach den Strapazen des Ersten Weltkriegs, Hyperinflation und hohen Reparationsforderungen, war Deutschland in einer schwierigen Lage, nicht zuletzt wegen der französischen Besatzung in der Pfalz und instabiler politischer Verhältnisse.


Trotzdem war Franz Scharfenberger, geboren 1905, optimistisch. Nach seiner Schlosserlehre und dank der Anschubfinanzierung einer Tante, gründete er seine erste Werkstatt im elterlichen Haus in der Mühlgasse in Wachenheim. 1929 absolvierte er seine Meisterprüfung, 1932 heiratete er Katharina Pahl, deren Eltern ihm großes Vertrauen schenkten und ein Haus in der Weinstraße 48 kauften.

Katharina und Franz Scharfenberger


Die Schlosserei, nun in der Weinstraße 48 angesiedelt, lebte von Reparaturen landwirtschaftlicher Geräte und Aufträgen von der örtlichen Sektkellerei, für die auch Schmiedeeisenarbeiten gefertigt wurden.

Von Anfang an war Katharina, gelernte Schneiderin, eine große Stütze im Betrieb. Sie kümmerte sich um den kleinen Laden, wo Fahrräder und Nähmaschinen verkauft wurden. Im Jahr 1933 kam Tochter Ilse zur Welt, 1935 Tochter Rita.

Mitten im Krieg 1943, wird die Scharfenberger-Familie mit Bernd, dem Stammhalter und künftigen Unternehmensnachfolger komplettiert.

Wohnhaus und Geschäft in der Weinstraße 48

KRIEGSENDE UND WIEDERAUFBAU

Am 18. März 1945 wurde das Vorderhaus der Familie Scharfenberger durch eine amerikanische Fliegerbombe zerstört, während Hinterhaus und Werkstatt unversehrt blieben. Die amerikanischen Truppen, die kurz darauf Wachenheim befreiten, übergaben die Region später an französische Besatzungstruppen, welche wertvolle Maschinen aus Scharfenbergers Werkstatt als Reparationsleistung konfiszierten. Trotz finanzieller Verluste und ohne wichtige Maschinen begann die Familie mit dem Wiederaufbau. Sie entschied sich, das Anwesen nun spiegelverkehrt wieder aufzubauen, tatkräftig unterstützt durch Großvater Pahl, einem gelernten Steinmetz. Durch den Erwerb zweier angrenzender Grundstücke konnte zudem ein großes Areal für Wohn- und Geschäftszwecke geschaffen werden.

Nach der Währungsreform 1948, noch vor der Gründung der Bundesrepublik, erweiterte die Familie Scharfenberger ihr Angebot um Haushaltswaren. Nähmaschinen gab es weiterhin, das Fahrradgeschäft wurde jedoch aufgegeben.

Die Töchter Ilse und Rita arbeiteten tatkräftig im Betrieb mit. Mutter Katharina verwaltete weiterhin die Finanzen, Großvater Pahl, der mit auf dem Anwesen lebte, unterstützte ebenfalls insbesondere bei der Buchhaltung.

NEUAUSRICHTUNG


Das Unternehmen firmiert nun nicht mehr als Schlosserei,
sondern als Landmaschinenhandel.
Franz Scharfenberger, von Kindern und Enkel als
Tüftler bezeichnet, will nicht nur handeln, sondern
möchte ein Universalgerät für den Winzer entwickeln.
Das „Winzerroß“, ein einachsiger Schlepper mit großen
Rädern, kann mit Anbaugeräten ausgerüstet
wahlweise als Pflug, Düngerstreuer oder Weinbergspritze
verwendet werden, aber auch einen
kleinen Anhänger ziehen.

Der Motor, das Getriebe und die Räder wurden von Zulieferern bezogen,
deren Rechnungen Franz Scharfenberger immer mehr drückten,
da sich seine Konstruktion trotz erfolgreicher Tests und Vorführungen
schlecht verkaufte. Er hatte die Maschine sehr robust aufgebaut, was
aber leider zu einem hohen Gewicht führte und damit für die Arbeit in
den Weinbergen zu schwer und unhandlich war .

Es wurden zudem Geräte zur Pflanzenschutzbekämpfung der Firma Platz aus Ludwigshafen verkauft - manche Modelle konnten auch an das Winzerroß angebaut werden.

ES GEHT BERGAUF

1953 tritt Robert Appelrath, der Ehemann von Tochter Ilse, in das Familienunternehmen ein und trägt bis zu seiner Rente erfolgreich zum Vertrieb bei. Seine Überzeugungsarbeit führt zur Aufnahme von Produkten der Fa. SOLO ins Sortiment, was eine bedeutende Geschäftserweiterung darstellt und zu erhöhten Einnahmen führt. SOLO-Produkte, angepasst an die Bedürfnisse der Winzer, werden erfolgreich vermarktet, sogar bis nach Frankreich.

1957: Katharina und Franz Scharfenberger mit Töchtern und Schwiegersöhnen

Das Unternehmen präsentierte sich bereits 1951 auf dem Bad Dürkheimer Wurstmarkt und baute seine Präsenz dort mit einem erweiterten Angebot, einschließlich Weinpressen der Marke Willmes, kontinuierlich aus. Diese Entwicklung ebnete den Weg für Scharfenberger, ein führender Hersteller in diesem Bereich zu werden, beginnend mit der Partnerschaft mit Willmes für den Bau kompletter Kelteranlagen.


Das Produktangebot des Landmaschinenhandels wuchs stetig und umfasste bald Einachsschlepper, Kleintraktoren und Motormäher bekannter Marken sowie speziell für den Weinbau angepasste Knick-Schlepper von Antonio Carraro. Aufgrund von Platzmangel zog das Unternehmen 1963 in einen Neubau mit Verkaufsflächen, Büros und Wohnungen für die Familie in die Weinstraße 90 um. Eine große Werkshalle und verbesserte Zufahrtswege erleichterten die Arbeit und Lieferungen erheblich.

Im Hintergrund Franz Scharfenberger im Werkstatthof mit zahlreichen SOLO-Geräten.

Im Hintergrund Franz Scharfenberger im Werkstatthof mit zahlreichen SOLO-Geräten.

Im Werkstatthof warten SOLO-Geräte auf den Transport

Im Werkstatthof warten SOLO-Geräte auf den Transport

Franz Scharfenberger präsentiert das Winzerross auf dem Dürkheimer Wurstmarkt

Franz Scharfenberger präsentiert das Winzerross auf dem Dürkheimer Wurstmarkt

Walter Kastner bei der Vorführung einer SOLO Motorhacke mit Balkenmähervorsatz

Walter Kastner bei der Vorführung einer SOLO Motorhacke mit Balkenmähervorsatz

Robert Appelrath (links) mit Meister Herbert Heim

Robert Appelrath (links) mit Meister Herbert Heim

Der junge Bernd Scharfenberger auf der Baustelle

Man erkennt schon die fast fertige Halle

Die fertige Halle und das Bürogebäude

Das Bürogebäude mit großer Ausstellungsfläche und Wohnungen im ersten Stock

Der Bad Dürkheimer Wurstmarkt ist ab 1953 nicht mehr nur „Das größte Weinfest der Welt“, sondern es wird auch die „Südwestdeutsche Landmaschinen- und Weinbaugeräteschau“ angegliedert.
Auf dem Wurstmarkt 1956 ist der Stand bereits erheblich größer, und man sieht neben den kleinen Motorgeräten auch veritable Ackerschlepper der Marke Schlüter.

Die Schlüter-Schlepper machen einen großen Anteil am Umsatz aus. Beim Tag der offenen Tür werden auch die modernsten Schlüter-Schlepper präsentiert.

DER JUNIOR BRINGT SICH EIN

1970 übernahm Bernd Scharfenberger mit 27 Jahren das Steuer von seinem 65-jährigen Vater, der sich aus der Geschäftsführung zurückzog. Die Belegschaft schenkte Franz Scharfenberger zum 65igsten einen Spazierstock, was er mit „Den benutze ich nur am Wochenende“ kommentierte. Tatsächlich war „der Senior“ weiterhin täglich im Betrieb anzutreffen, vor allem in der Werkstatt.

EIGENENTWICKLUNG UND ERFOLG DER EUROPRESS

Die Firma Scharfenberger entwickelte die erste eigene Traubenpresse, die EUROPRESS, als Antwort auf den Marktbedarf nach vollautomatischen Pressen.

Trotz anfänglicher Vorsicht und der Fortführung des Vertriebs anderer Produktlinien, wie SOLO-Geräten und Mofas, setzte Bernd Scharfenberger ab 1972 voll auf die Eigenkonstruktion. Diese weltweit neue, vollautomatische und elektronisch gesteuerte Presse markierte den Beginn des Erfolgs der Scharfenberger-Pressen im Weinbau.

 

Zusätzlich zum Vertrieb der Eigenkonstruktion, der anfangs neben etablierten Marken wie Willmes und Bucher erfolgte, baute das Unternehmen ab 1976 eine eigene Elektronikwerkstatt auf. Die EUROPRESS, beworben mit dem Slogan „Die sanfte Kraft für den guten Saft“, eroberte bald den Markt und trug maßgeblich zum Umsatz bei. 1977 gelang der erste Verkauf nach Übersee.
Die EUROPRESS wurde zu einem führenden Produkt im Bereich der Traubenpressen.

NEUAUSRICHTUNG UND ERFOLG MIT TRAUBENVOLLERNTERN

1980 markierte ein entscheidendes Jahr für Scharfenberger, als die Einnahmen aus dem Verkauf eigener Pressen noch zu wünschen übrigließen. Bernd Scharfenberger ließ sich jedoch nicht entmutigen und erkundete auf einer Agrarmesse in Paris die Möglichkeit, französische Traubenvollernter in Deutschland zu vertreiben. Trotz anfänglicher Skepsis der Firma Braud, gelang es ihm, die Maschinen in Deutschland erfolgreich zu präsentieren und zu vertreiben.

1983 stieß Peter Appelrath, Enkel des Firmengründers, zum Unternehmen hinzu und übernahm als französischsprachige Schnittstelle wichtige Aufgaben im Umgang mit dem Hersteller und bei Maschinenvorführungen. Mit Hilfe des französischen Experten Jacky Pouzet und des Meisters Herbert Heim wurden die Maschinen an die spezifischen Bedingungen der deutschen Weinberge angepasst, was die Akzeptanz und den Erfolg der Traubenvollernter weiter steigerte.

Jacky Pouzet (rechts) im Messegespräch

Der Durchbruch kam, als der Braud-Traubenvollernter bei einem von der Weinbauschule Neustadt organisierten Wettbewerb alle anderen Fabrikate übertraf und die Eignung der Maschinen für deutsche Weinberge bewiesen wurde. Dieser Erfolg führte zu einer starken Nachfrage und bis 1992 zum Verkauf des 500. Vollernters, einschließlich Exporten in die USA.

Das Geschäft mit den Traubenvollerntern wurde nach 40 Jahren aufgegeben, da man sich ganz auf den Pressenbau konzentrieren wollte. „Es war einfach nicht mehr zu schaffen“, sagt Peter Appelrath.

WEITERENTWICKLUNG


Ende der 80er hatte sich das Traubenvollernter- und Pressengeschäft gut entwickelt.
Da in Wachenheim keine Erweiterung möglich war und sich kein Baugrund fand, zog das Unternehmen am 1. Juli 1993 schweren Herzens ins Bad Dürkheimer Industriegebiet um.

Seniorchef Franz Scharfenberger hätte den Umzug ins neue Firmendomizil sicher gerne als vorläufige Krönung seines Lebenswerks miterlebt. Er starb1992 im Alter von 87 Jahren, seine Frau Katharina überlebte ihn bis ins Jahr 2001.

EXPANSION NACH NORDAMERIKA

Scharfenberger etablierte erfolgreich eine Vertretung in Kalifornien (1982) und baute aufgrund der wachsenden Nachfrage eine eigene Präsenz an der Ostküste der USA auf, unterstützt durch Joachim Hollerith in Virginia. Die Ostküstenvertretung profitierte von lokalen Ressourcen und begann mit signifikanten Aufträgen, während Matthias Eiser und Karen Baumgartner wesentlich zum Erfolg und zur Leitung der US-Niederlassungen beitrugen. Die Expansion wurde durch bemerkenswerte Ereignisse wie die Ausrüstung eines Weinguts von Tiffany & Co.'s Eigentümer und die Eröffnung weiterer Niederlassungen im Westen (1990) und Nordwesten (2019) der USA verstärkt.

 

Die US-Aktivitäten wurden durch innovative Geschäftskontakte und die Anpassung an lokale Gegebenheiten vorangetrieben. Kanada kam 1984 hinzu, mit Vines to Vintages als Vertriebs- und Servicepartner, was die Präsenz Scharfenbergers in Nordamerika weiter festigte. Die Expansion unterstreicht die erfolgreiche Anpassung und das Wachstum des Unternehmens in neuen Märkten.

 

Großes Bild links: Der Firmensitz in Culpeper, Virginia

Die Niederlassung in Fairfield, Kalifornien

Euro-Machines Pacific Northwest in Oregon

Der Exportanteil der Europress-Produkte stieg auf 60% bis 70%, mit wichtigen Märkten in den USA, Österreich, Frankreich und Australien. Scharfenberger war auf internationalen Messen vertreten und gründete 2001 ein Joint Venture für den Anlagenbau mit der Firma Rieger, spezialisiert auf den Behälterbau für Weinkellereien.

 

Das Joint Venture R+S Anlagenbau, erfolgreich in Deutschland, Österreich und der Schweiz, wurde 2009 aufgelöst, und Scharfenberger Maschinenbau übernahm direkt den Anlagenbau. Dieser Bereich entwickelt sich zu einem wichtigen Umsatz- und Reputationsträger, mit einem Angebot, das von Pressen und Tanks bis zu kompletten Kellereiausstattungen reicht.

EUROPÄISCHE ERWEITERUNG

Schwierigkeiten bei der Suche nach qualifizierten Edelstahlschweißern in Deutschland führten Bernd Scharfenberger 1989 dazu, polnische Fachkräfte anzustellen - legal durch eine zwischenstaatliche Vereinbarung.

Die positiven Erfahrungen mit polnischen Arbeitskräften motivierten zur Gründung eines eigenen Werks in Polen, um Abhängigkeiten von externen Zulieferern zu verringern und die Gefahr des Know-how-Diebstahls zu minimieren.

Bernd Scharfenberger bei der Besichtigung des Baugeländes

2001 wurde mit Hilfe von Irena Krynicka und ihrem Ehemann Jerzy Krynicki die TSN Spolka in der Nähe von Krakau gegründet.

Betriebsleiter TSN Jerzy Krynicki

Die Wahl fiel auf einen Standort ohne Weinbau, um Konkurrenz zu vermeiden. Die erste Produktionshalle entstand 2004 in Targowisko, unterstützt von EU-Zuschüssen für moderne Produktionsanlagen. Die Investition in Technologie, wie Plasmaschneide- und Laserschneideanlagen, ermöglichte eine effiziente Produktion und stärkte die Position des Unternehmens im internationalen Markt.

WECHSEL DER FÜHRUNGSGENERATION

Bernd Scharfenberger, der als 27-Jähriger 1970 das Unternehmen übernahm und es zu einem international erfolgreichen Betrieb machte, übergab 2011 die Führung an ein Trio:

Tochter Iris Scharfenberger (Marketing und Kommunikation) wird neben ihrem Vater geschäftsführende Gesellschafterin. Sein Neffe Peter Appelrath wird als Geschäftsführer bestellt. Seit 2007 ist er bereits CEO von Euro-Machines in den USA. Sein Schwiegersohn Rudolf Fischer, seit 2006 bereits CEO der polnischen Tochterfirma TSN, ist nun auch im deutschen Unternehmen in der Geschäftsleitung.

Die Übergabe verlief fließend und ohne große Änderungen für Kunden und Mitarbeiter. Iris, Peter und Rudolf hatten bereits tiefgreifende Verbindungen zum Unternehmen und brachten ihre jeweiligen Fachkenntnisse ein, um die internationale Expansion und den technologischen Fortschritt des Unternehmens weiter voranzutreiben.

Nach kurzer, schwerer Krankheit verstarb Bernd Scharfenberger am 02. Juli 2017
Bis kurz vor seinem Tod setzte er seine ganze Arbeitskraft, sein großes Fachwissen und seine enorme Menschenkenntnis für sein Unternehmen ein.
Aus dem kleinen Handwerksbetrieb der Familie in Wachenheim hat er mit Weitblick, Geschick und Können sowie seinem überaus großen Engagement ein weltweit agierendes und sehr erfolgreiches Unternehmen aufgebaut.


 

SCHARFENBERGER HEUTE

Das Familienunternehmen Scharfenberger Maschinenbau hat sich zu einem führenden Anbieter der Branche entwickelt und verfügt über ein internationales Händlernetzwerk. Dadurch sind wir in allen Weinbauregionen der Welt vertreten. Ausschlaggebend für diesen Erfolg sind die gleichbleibend hohe Qualität unserer Maschinen und Serviceleistungen, die wegweisenden Technologien und die intensive Betreuung unserer Kunden, ob im In- oder im Ausland.

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Aufbereitung einer Presse zur Auslieferung

Aufbereitung einer Presse zur Auslieferung

Endmontage

Endmontage

Lager mit Kleinteilelagerroboter

Lager mit Kleinteilelagerroboter

Probelauf und Programmierung

Probelauf und Programmierung

Hochmoderne Drehmaschine

Hochmoderne Drehmaschine

Immer bereit: Der Service

Immer bereit: Der Service

Über 90 Mitarbeiter setzen sich dafür ein, dass jeder Winzer genau die Lösung erhält, die das Beste aus seinen Reben herausholt. Alleine 70% aller Europress-Traubenpressen sind kundenspezifische Sonderanfertigungen für Kunden rund um den Globus. 

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Philipp-Krämer-Ring 30
67098 Bad Dürkheim

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